Ich biete Ihnen hier nicht noch einen Artikel über die “Geheimsprache” von Arbeitszeugnissen, die es als solche gar nicht gibt und geben darf, aber dennoch allerorts diskutiert wird. Es existiert lediglich eine Liste von Ausdrücken, die ein Personaler zum Beispiel verwenden kann, falls ein Mitarbeiter Probleme mit Alkohol im Unternehmen hat oder dem weiblichen Personal gerne mal “auf die Pelle” rückt. Diese Formulierungen sind hinlänglich bekannt, so dass sie schon lange keine Beachtung mehr finden bei der Ausstellung von Arbeitszeugnissen.
Es ist in der Tat schwierig, den gesetzlichen Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis in Einklang zu bringen mit einem nachhaltigen Fehlverhalten oder besonders schwachen Leistungen eines Arbeitnehmers oder leitenden Managers. Hier sind manchmal große sprachliche Geschicklichkeit und eine gute Formulierungsfähigkeit gefragt.
Die bekannten “Codes” hingegen werden in keiner Form dem Mitarbeiter und seinem Verhalten gerecht, noch sind sie interpretationssicher. Es kann sehr gut sein, dass unterschiedliche Leser jeweils Unterschiedliches aus der selben Formulierung lesen. Dies hängt ab von der Vorerfahrung mit ähnlichen Ausdrücken und dem vorliegenden Informationsmaterial, auf das man sich stützt. Da es hier keine allgemeingültigen Regeln gibt, weichen die möglichen Interpretationen voneinander ab. Sollte ein Personalverantwortlicher die bekannten - aus meiner Sicht oft sogar unverschämt und für den Beurteilten immer nachteilig formulierten - “Geheimcodes” verwenden, wird sich jeder Mitarbeiter / Manager zu Recht und mit Erfolg dagegen verwehren.
Alternativ kann man - solange nichts besonders Schwerwiegendes geschehen ist - Stärken hervorheben und Mankos unerwähnt lassen. Leider macht sich ein Unternehmen angreifbar und unter Umständen sogar regresspflichtig, wenn ein wichtiges Fehlverhalten wie zum Beispiel ein Diebstahl im Zeugnis unerwähnt bleibt. Sollte der Mitarbeiter beim nachfolgenden Arbeitgeber wiederum “in die Kasse greifen”, kann das geschädigte Unternehmen eventuell Schadenersatz vom vorherigen Arbeitgeber verlangen, so lange er nachweisen kann, dass dieses Fehlverhalten bekannt war. Hier ist im Einzelfall zu entscheiden, was zu tun ist.
Meiner Meinung nach ist die Darstellung schwerwiegender Fehlverhalten innerhalb eines Arbeitszeugnisses deplatziert. Belästigungen von Mitarbeiter/-innen, Diebstähle oder eklatante Vertrauensbrüche gehören entsprechend angezeigt und verfolgt. Empfehlenswert ist die Ausstellung eines sogenannten "Einfachen Arbeitszeugnisses" zur Vermeidung zukünftiger besondere Nachteile des Mitarbeiters / Managers. Jeder kann sich ändern und ein Arbeitszeugnis muss jeder Arbeitnehmer immer wieder im Laufe seines Berufslebens vorlegen - da ist ein Hinweis auf ein Jahre zurück liegendes Fehlverhalten kontraproduktiv und destruktiv hinsichtlich einer positiven persönlichen wie beruflichen Entwicklung. Jedes einfache Zeugnis weist allein durch seine Unüblichkeit auf Unzufriedenheit des Arbeitgebers hin - ohne die Hervorhebung des Anlasses hierfür. Das lässt dem Delinquenten etwas mehr Raum für eine berufliche Zukunft.
Wenn jemand noch eine andere Idee zu dieser Problematik hat, freue ich mich sehr über jede Anregung.
Gern stehen wir für Fragen und Zusatzinformationen zur Verfügung.